Godazgar (Hg.): Die Stadt, das Salz und der Tod

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Erinnern Sie sich noch an Schmücke und Schneider? Beide hießen mit Vornamen Herbert, wirkten so unspektakulär wie weiland Columbo, wurden folglich von der ihnen vorgesetzten attraktiven Staatsanwältin erst mal kräftig unterschätzt – und hatten dabei gut 10 Jahre Gelegenheit, dem deutschen TV-Zuschauer vorzuführen, was es im beschaulichen Halle an der Saale an gesellschaftlichen Sümpfen, niederträchtigen Zeitgenossen und skrupellosen Verbrechern gab.

Die Unauffälligkeit war vielleicht das größte Kapital der Kommissare, verkörpert von Jaecki Schwarz und Wolfgang Winkler, verstärkt durch die Gerichtsmedizinerin Rosamunde Weigand, die von der kürzlich verstorbenen Marie Gruber vorzüglich dargestellt wurde.

Schmücke und Schneider sind längst in Rente, aber regelmäßig in Wiederholungen zu sehen. Ermittelt haben sie tatsächlich in einer Stadt der Superlative, so bezeichnet Grafit die Stadt Halle an der Saale. Und es stimmt, so wenig man ihr das ansehen mag: Älteste Bruderschaft (Salzsieder), älteste dauerhaft existierende naturforschende Akademie (Leopoldina), ältester weltlicher Knabenchor, älteste Schokoladenfabrik. Hier wandeln nun gewissermaßen Autoren auf den Spuren der berenteten TV-Ermittler.

Joachim Anlauf, Jean Bagnol, Marc-Oliver Bischoff, Nadine Buranaseda, Daniel Carinsson, Christiane Dieckerhoff, Peter Godazgar, Tim Herden, Thomas Hoeps, Thomas Kastura, Tatjana Kruse, Theresa Prammer, Uwe Schimunek und Sabine Trinkaus ist eines gemeinsam: Sie zeigen literarisch, welche Abgründe sich da auftun, wo 240.000 Einwohner gemeldet sind und die heimelige Atmosphäre sicher jährlich auch von Zu- und Durchreisenden geschätzt wird. Das nicht so Heimelige findet ja nur auf dem Papier statt. Aber das vergisst man beim Lesen schon mal.

Peter Godazgar (Hg): Die Stadt, das Salz und der Tod – Mörderisches aus Halle an der Saale. Grafit Verlag; 11 Euro.

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