Verbrauchsoptimierung bei Allradantrieben

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Es gibt zahlreiche Arten von Allradantrieben. Und je stärker die motorischen Leistungen in die Höhe schießen, umso notwendiger wird der Antrieb über alle Viere. Richtungsstabilität beim Beschleunigen und Verzögern ist einer der gravierenden Vorzüge dabei. Laut KBA (Kraftfahrtbundesamt) und Herstellern ist folgerichtig der Bereich der SUV und Allradfahrzeuge der am stärksten wachsende Markt. Verbrauchsvergleiche zwischen Modellen, die primär einachsig angetrieben werden und per elektronischer Schlupfregelung dann auch die zweite Achse antreiben und Modellen, die über permanenten Allradantrieb verfügen, haben erwiesen, dass zwischen beiden Systemen keine nennenswerten Verbrauchsunterschiede bestehen.

Allradfahrzeuge sind grundsätzlich schwerer, da zusätzliche Antriebskomponenten hinzukommen. Sie benötigen auch mehr Bauraum, was meist zur Minderung von Stauraum führt. Zudem treten höhere Reibverluste im Antriebsstrang auf. Alles zusammen wirkt sich auf den Kraftstoffverbrauch negativ aus. Vorgaben für den Flottenverbrauch und gesetzliche Restriktionen zwingen jetzt die entsprechenden Anbieter, verbrauchsoptimierte Allradantriebe zu entwickeln und baldmöglichst auf den Markt zu bringen. ZF verspricht bereits eine Verbrauchsminderung bis zu fünf Prozent dank des dort entwickelten EConnect- Allradsystems. Hierbei wird die automatische Abkopplung vorn direkt nach dem Hauptgetriebe sowie am hinteren Achsgetriebe über eine Seitenwellenkupplung initiiert. Damit ist der Allradantriebsstrang vollständig abgetrennt und es treten keine Verbrauchs steigernden Schleppverluste auf.

Nur: leichter werden die Fahrzeuge durch diese Maßnahmen nicht. Auch GKN, Getriebe- und Antriebswellen-Spezialist, bietet eine Lösung an, die bereits in der Praxis eingesetzt wird. Dort heißt es Disconnect AWD-System. Ein automatisch zu- und abschaltender Allradantrieb für kleine und mittelgroße Fahrzeuge des A- B- und C-Segments. Beim Hersteller spricht man von einer Verbrauchsminderung im Bereich von vier Prozent. Herzstück ist eine elektromechanisch aktivierte Kupplung Power Transfer Unit (PTU) im Hinterachsdifferenzial, die die Momentverteilung zwischen den Achsen steuert. Eine integrierte zweite Kupplung trennt darüber hinaus die Hinterräder vom Antriebsstrang sobald das Fahrzeug im 2WD-Modus gefahren wird.

Ursprünglich wurde diese Lösung beim Jeep Renegade und beim Fiat 500X eingeführt, kommt aber aktuell auch im Range Rover Evoque und im Jeep Compass zum Einsatz. Das GKN Twinster-System treibt auch den neuen Opel Insignia Sport 4×4 an. Auch Borg Warner verteilt nun mit der fünften Generation (Gen V) der elektrohydraulisch gesteuerten AWD-Kupplung die Antriebskraft automatisch zwischen Vorder- und Hinterachse. Bedarfsgerecht senkt dabei ein Ventil den Ölstand in der Kupplung ab, womit die Verlustmomente reduziert werden: die Kraftstoff-Verbrauchseffizienz ist eindeutig positiv. Der BMW 2er Activ Tourer X-drive ist damit bereits ebenso ausgestattet wie der neue Volvo XC90 und der Kraftbolzen von Lamborghini Huracán LKP 610-4. Audi benutzt aktuell im Q5 die so genannte Flex4-Technologie, die ebenfalls eine Hinterachsabschaltung aufweist. Auch der österreichische Komponenten- und System-Hersteller Magna hält Lösungen für eine Verbrauchsminderung bei Allradsystemen bereit. Wenn nun auch noch leichtere Basismaterialien für die Antriebskomponenten entwickelt werden, um das Gesamtgewicht von Allradfahrzeugen zu reduzieren, dürfte sich auch das Hauptargument (Verbrauch) der Allrad-Gegner in Zukunft in Wohlgefallen auflösen.

Text: Frank Nüssel
Quelle: Automobil Produktion, Theo Gerstl
Bilder: BorgWarner, GKN, Opel, ZF

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