Test-Tour: BMW K 1300 S

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Wer sich im Motorradmarkt behaupten will, muss das Ziel haben, das beste Motorrad im jeweiligen Segment zu bauen und der Konkurrenz damit ein Schnippchen zu schlagen. Ein Wettrüsten im positiven Sinne, denn der Kunde bekommt von Jahr zu Jahr mehr Motorrad fürs Geld.

Vor der Saison 2009 holte BMW zum großen Schlag in der Big-Bike-Klasse aus und bohrte die 1200er Motoren auf 1300 Kubikzentimeter auf, erhöhte damit das Potenzial der Triebwerke auf mehr Leistung und souveränere Kraftentfaltung. Der größere Hubraum (1293 statt 1157 cm3) führt aber nur eine lange Liste an Modifikationen an: Auspuffanlage mit Klappensteuerung, stark überarbeiteter Kardanantrieb, längerer Radstand, eine konventionelle Blinkerbetätigung und ein umfangreiches elektronisch einstellbares Fahrwerk (ESA II) sowie einen Schaltautomaten. Und – natürlich – 175 statt 166 PS Spitzenleistung.

Überhaupt hat es die Elektronik den Bayern angetan. Reifenluftdruckkontrolle und Anti-Schlupf-Regelung (Aufpreis: 400 Euro) können genauso geordert werden wie das erwähnte elektronisch einstellbare Fahrwerk ESA II (Aufpreis: 740 Euro). Dieses bietet insgesamt neun vom Lenker aus anwählbare Einstellungsmöglichkeiten, wobei wir während des Fahrens am meisten zwischen den Einstellungen Normal, Komfort und Sport wechselten, da dies einfach und schnell per Knopfdruck mit dem rechten Daumen geschieht. Ein Extra, das zu kaufen durchaus Sinn ergibt.

Weiterentwickelt wurde auch der Kardanantrieb, der nun mit einer zweigeteilten Kardanwelle arbeitet, zwischen deren Teilen ein Ruckdämpfer Lastspitzen mildert – etwa beim harten Bremsen oder beim Beschleunigen auf schlechtem Untergrund. Eine Lösung, die durchaus zufrieden stellte.

Überhaupt: Wie sich das nahezu 260 Kilogramm schwere Motorrad verblüffend leichtfüßig durch die Kurven hetzen lässt und sein Gewicht nur offenbart, wenn es sich beim Anbremsen vor Kurven einfach aufgrund der physikalischen Grundgesetze nicht mehr negieren lässt – Respekt! Oder wenn der bullige Motor den Wiedereintritt auf die Gerade mit Durchzug aus fast jedem Gang feiert und vor allem mit niedrigen Drehzahlen gut zu Recht kommt. Das erfreut das Bikers Herz. Die Kräfte jenseits der 6000-Touren-Grenze kann man abseits der Autobahn indes nur selten genießen, die Tachonadel klettert einfach zu flink. Ganz ohne Knurren und Vibrationen kommt der Reihen-Vierzylinder übrigens nicht aus, doch hält es sich in gut erträglichen Grenzen.

Im Gegensatz zu den widerspenstigen Getrieben früherer Jahre bezaubert das jetzige, verstärkt durch den schon im Sport-Boxer HP2 eingesetzten Schaltassistenten, mit seiner Leichtgängigkeit. Die Wirkung des Systems, das beim Hochziehen des Schalthebels die Zündung kurz unterbricht und damit das Getriebe entlastet, ist beeindruckend. Das kupplungsfreie und fast übergangslose Schalten – das sogar bei Konstantfahrt noch erstaunlich gut funktioniert – begeistert auf Anhieb und ist jeden einzelnen der 360 Euro Aufpreis wert. Zum besseren Verständnis: Zum Herunterschalten muss nach wie vor die Kupplung gezogen werden. Erste Sahne sind natürlich auch die teilintegralen Bremsen, unterstützt von einem hervorragend arbeitendem ABS und einem Nickausgleich, der das Abtauchen der Front verhindert.

Rein technisch gibt es also wenig zu kritteln an der K 1300 S. Ob man sich für das Trumm begeistern kann, ist freilich eine andere Sache: Dem Sound fehlt es ein wenig an Aggressivität, auch könnte der dicke Auspufftopf die Gemüter teilen. Ein großes Manko ist das Fehlen eines Hauptständers und die Wackeligkeit des Seitenständers, der nicht weit genug nach vorne ausgreift und so vor dem Wegrollen nach vorne schützt. Erste Regel also: nur im ersten Gang abstellen.

Dass eine BMW nicht zu den Sonderangeboten zählt, ist bekannt. Zum Grundpreis von 15.750 Euro kommen indes Kosten für die empfehlenswerten Extras wie ESA, Reifendruckkontrolle und ABS hinzu, so dass der Endpreis bei weit über 17.000 Euro liegt. Viel Geld – aber auch mehr Motorrad denn je.

Text Hans-Joachim Mag

Datenbox:

Modell: BMW K 1300 S
Motor: Vierzylinder-Viertakt-Reihenmotor
kW/PS: 129/175
Drehmoment: 140/ 8250 Nm/U-min
Höchstgeschwindigkeit: k.A.
Radstand: 1585 mm
Sitzhöhe: 790/820 mm
Leergewicht: 254 kg
Verbrauch: 6,5 l/100 km
Preis: 15.750 Euro

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