Liebe Leserin!
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Wer in einer Internetsuchmaschine den Begriff dashcam eingibt, der erhält als Erstes jede Menge Vorschläge für die persönliche Shoppingtour. Die gängigen Verkaufsriesen wie Amazon stehen dabei ganz oben auf der Liste eines technischen Zusatzfeatures, dessen rechtmäßiger Einsatz und seine Zulassung als Beweismittel in Rechtsfragen noch sehr umstritten sind. Denn die am Armaturenbrett (englisch: „dash“) befestigten kleinen Aufnahmegeräte, die in anderen Ländern schon gang und gäbe sind, bereiten den Gerichten bei uns noch jede Menge Kopfzerbrechen. Auch der renommierte Verkehrsgerichtstag in Goslar beschäftigte sich jetzt mit diesem Thema.

Warum mittlerweile immer mehr Verkehrsteilnehmer den eigenen Regisseur und Produzenten im Straßenverkehr geben, liegt nach Meinung der Betroffenen (und auch Befragten) auf der Hand: Das unerlässliche Filmen mit der sogenannten Dashcam im eigenen Fahrzeug soll das Fahren auf unseren Straßen sicherer machen. Zumindest lässt das Ergebnis einer Umfrage des ACV Automobilclubs Verkehr diesen Schluss zu.

59 Prozent der befragten Besitzer und Benutzer einer solchen Kamera sind nämlich demnach der Ansicht, dass in erster Linie ständiges zu dichtes Auffahren und Drängeln reduziert würden, wenn allzu Eilige und rücksichtlose Zeitgenossen die Dashcam bemerken. Insgesamt 32 Prozent rechnen sogar mit einem Rückgang von Verstößen an „roten Ampeln“. 27 Prozent der Befragten vertraten die Meinung, dass es durch den Einsatz dieser umstrittenen Kameras weniger Regelverstöße von Fahrradfahrern geben würde.

Aber, wie gesagt: Das sind alles nur Vermutungen und Meinungen von Befürwortern. Die Realität aber ist eine Andere. Denn noch immer gibt es beim Thema Dashcam keine klar definierte Rechtslage: Die Gerichte entscheiden deshalb häufig von Fall zu Fall. Auch dieser Status Quo ging in die ACV-Umfrage mit ein. Demnach würden 44 Prozent der Befragten eine solche Kamera in ihrem Fahrzeug installieren, wenn eine rechtsverbindliche Regelung vorläge und der Einsatz auch rechtlich „abgesegnet“ wäre.

Dabei geht es wohl vielen Anhängern eines solchen Aufzeichnungsgerätes darum, bei strittigen Fragen einen „unbestechlichen Zeugen“ vorweisen zu können. Etwa zwei Drittel nämlich sehen vor allem in der Möglichkeit der Rekonstruktion eines Unfalles und der Unfallaufklärung einen großen Vorteil dieser Kameras. 44 Prozent meinen zudem, Dashcams könnten sie sogar vor Fahrerflucht bei Parkschäden schützen.

Demgegenüber steht vor allem die Problematik des Datenschutzes, die auch die Mehrzahl der Richter noch als vakant ansieht. 42 Prozent der befragten Verkehrsteilnehmer gaben an, sich durch die Nutzung der Kameras ständig überwacht zu fühlen. Und sie befürchten (mit Recht), dass Personen, oder ihre Fahrzeuge mit gut sichtbarem Kennzeichen in ungeklärten Rechtssituationen auf Facebook oder Youtube zu sehen sein werden.

Der eingangs erwähnte Verkehrsgerichtstag in Goslar hat sich dafür ausgesprochen, zumindest „anlassbezogene“ und somit situative Aufzeichnungen zuzulassen. Solange es keine rechtsverbindliche Entscheidung gibt, wird über dieses brisante Thema bei uns wohl weiter diskutiert werden. Eines allerdings, so denke ich, brauchen wir auf unseren Straßen nicht: Eine Unkultur des Anschwärzens und Intrigierens sowie einen Rückfall in „Wildwest“-Zeiten. Der selbst ernannte Hilfssheriff mit der Kamera im Auto hat auf unseren Straßen nichts verloren.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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