Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Erinnern Sie sich noch an den Hype, der damals um ein altes Allerweltauto ausbrach, um das sich kein Mensch auch nur im geringsten geschert hätte, wenn nicht heraus gekommen wäre, dass es einmal im Privatbesitz des damaligen Papstes Benedikt gewesen hätte. So ist das nun mal mit den blechernen Hinterlassenschaften unserer Vergangenheit: Ihr ideeller Wert steigt mitunter überproportional zu ihrer wirklichen finanziell messbaren Aussagekraft. Und das nur aufgrund der Person des Besitzers. Ein Auto, das Herr Müller oder Frau Meier gefahren hat, findet sich in der Schwacke-Liste wieder. Eines, das der Papst gefahren hat, bei Christies unter dem Hammer. Auch wenn es sich um das gleiche Exemplar handelt.

Doch es muss nicht unbedingt ein Mann der Kirche sein, dem es gelingt, regelrechte Wunder an der Verbrauchswagenfront zu vollbringen. Auch der eine oder andere Mann der Rennstrecke, genau so wie ein ehemaliger halbstarker Poet der Rockgeschichte, reichen dafür aus. Das wird in diesen Tagen erneut wieder gegenwärtig, wenn im Süden Englands, dort wo sich nicht nur die Royal Familiy, sondern mitunter auch der schwer betuchte Geldadel trifft, ein paar dieser mobilen Veteranen zu Verkaufe stehen.

Ein ziemlich spleeniger Brite, mit Namen (und Titel) Charles Henry Gordon-Lennox, Earl of March and Kinrara, der den Großteils seines noblen Nichtstuns damit verbringt, seine Oldtimer zu pflegen, lädt einmal im Jahr zum „Goodwood Festival of Speed auf dem Gelände von Goodwood House, dem Anwesen seiner Familie, ein. Dort wird zwar auch, aber eben nicht nur, Motorsport mit meist nicht mehr so ganz taufrischen Automobilen getrieben. Nein, es werden bei dieser Gelegenheit auch Geschäfte mit diesem kulturellen Erbe der Automobil-Industrie gemacht. Und keine schlechten offensichtlich.

Die alljährliche Versteigerung klassischer Automobile gehört zum fixen Terminkalender in Goodwood. Zu den Raritäten zählten in diesem Jahr ein paar sündhaft teure Exponate aus der (vermutlich nicht allzu kleinen) Garage von Sir Stirling Moss, der britischen Rennfahrer-Legende und auch ein weit weniger exklusiver fahrbarer Untersitz des ehemaligen Bassisten der Rolling Stones, Bill Wyman. Der Alt-Hippie genießt in diesem exklusiven Umfeld ebenfalls Promi-Status und ist deshalb autorisiert, seinen 1966er Mercedes-Benz 250 S in Bares um zu setzen. Billy hat – so liest man in einschlägigen Gazetten im Vorfeld – es wohl auch geschafft, dass ein paar Kumpels aus den früheren wilden Zeiten dort das eine oder andere automobile Schätzchen feilbieten dürfen. So ist die Rede davon, dass sich auch ehemalige und aktuelle Pop-Ikonen wie Muddy Waters, Eric Clapton oder Chris Rea auf dem hochherrschaftlichen Landsitz zum fröhlichen Klassiker verscherbeln einfinden werden.

Ob es sich dabei auch um ganz profane Alltags-Automobile handelt, wie einst beim Papst-Auto, davon wird nichts berichtet. Aber wir wissen ja: Der Wert eines Fahrzeugs steigt mit der Kunde dessen, wer es gefahren hat. Und da kann ein Saitenzupfer der Marke Rolling Stone den Preis schon ganz schön nach oben treiben.

Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende.

Ihr Jürgen C. Braun

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