Toyota: 50 Jahre 2000 GT

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Für Ferrari wurde 1965 ein unerfreuliches Jahr. Zuerst musste sich Maranello neuer norditalienischer Herausforderer erwehren, dann dem profanen Ford GT 40 Paroli bieten. Schließlich sprang auch noch der Speed-macht-Spaß-Funke von Ferraris Hausmesse Turin auf die Tokyo Motor Show über. Dort stand vor 50 Jahren die Speerspitze aller japanischen Supersportwagen im Rampenlicht, der Toyota 2000 GT. Ein verführerischer Fastback, der für viele Sportwagenfans schöner war als alle damaligen Ikonen vom Schlage eines Ferrari GTO oder Jaguar E-Type und der als Spielzeugminiatur sofort die Kinderzimmerwelt eroberte.

Auf Straße und Strecke sollte der erste Japan-Racer dagegen alle etablierten Rivalen durch technische Raffinesse deklassieren. Ob diese Anmaßung des fernöstlichen Brot-und-Butter-Auto-Produzenten Toyota einem Titanen wie Enzo Ferrari wenigstens ein amüsiertes Lächeln entlocken konnte, ist leider nicht überliefert. Verbürgt ist aber die Anerkennung, die der Toyota 2000 GT von Supercar-Konstrukteuren wie Carroll Shelby oder Alejandro De Tomaso erhielt. Erntete das Alphatier in Nippons neuer Sportschau – das Trio aus Prince R380, Hino Sprint GT und Mazda Cosmo folgte dem Toyota – doch raschen Ruhm auf Rennkursen und bei Rekordfahrten. Vor allem: Toyota hatte sich mit seinem ersten Gran Turismo für den schnellen Drift ins sportliche Glück global ins Gespräch gebracht – beste Basis für die Besetzung der automobilen Hauptrolle im James-Bond-Streifen „Man lebt nur zweimal“ und den Vorstoß auf neue Exportmärkte in Europa.

In der Welt des Glamours und des Jetsets der Swinging Sixties ist der bis zum Jahr 1970 nur 351 Mal gebaute GT dennoch nie begehrt worden. Dafür jedoch von überraschend vielen technikafinen Sportwagenfans, die bereit waren, die exorbitant hohen Preise für Toyotas Prestigeobjekt zu zahlen. Den Status des teuersten asiatischen Autos aller Zeiten errang der 2000 GT allerdings erst als Klassiker, für den Kenner heute bereitwillig siebenstellige Beträge bezahlen.

Entwickelt wurde das Sportcoupé ab 1964 als emotionsgeladener Markenmeilenstein, der Toyota als technischen Fixstern am Autohimmel der Sechziger verankern sollte. Der GT war das Glanzlicht des 30. Geburtstags der Automobilproduktion bei Toyota, die bis dahin vor allem die Inlandsnachfrage bediente, ab 1965 aber einem 25-prozentigen Exportanteil entgegenstrebte. Und hier sollte der Gran Turismo als Türöffner für traditionelle Sportwagenmärkte dienen.

Von Toyota-Chefingenieur Jiro Kawano und Saturo Nozaki (Design) als technisches Kunstwerk konzipiert, folgte der GT der Philosophie der Götter Fujin und Raijin, die in der japanischen Kunstszene allgegenwärtig sind. Während der Windgott Fujin eher zurückhaltend auftritt, ist der Donnergott Raijin aufbrausend und aggressiv. So zeigte sich der Toyota-Sportwagen denn auch in zurückhaltend zierlichen Proportionen von gerade einmal 4,18 Meter Länge und 1,60 Meter Breite. Womit er im Vergleich zu manchen europäischen Supercars fast kleinwüchsig wirkte. Innerhalb des Toyota-Programms präsentierte er sich damit jedoch bereits als großer Bruder des Sports 800, der ab 1962 den Prototypen-Probelauf für Toyota Sportwagen absolvierte.

Statt eines mediokren Zweizylinders wie im Sports 800 arbeitete unter der endlos lang gestreckten Haube des 2000 GT aber der weltweit modernste und leistungsstärkste Sechszylinder seiner Leistungsklasse mit zwei obenliegenden Nockenwellen und zentral in den hemisphärischen Brennräumen angeordneten Zündkerzen. Liebe zum Detail zeigten die zwischen 110 kW/150 PS und 148 kW/200 PS abgebenden Maschinen sogar durch mit schwarzem Schrumpflack überzogenen Deckeln der Nockenwellen. Dort kündeten in stolzen Lettern die Schriftzüge Toyota und 2000 GT vom wilden Temperament eines Sportlers, der an den Donnergott Raijin erinnerte.

So verschreckte der GT die versammelte Konkurrenz bereits bei seinem ersten Langstreckenrennen im Juni 1966 durch einen souveränen Doppelsieg. Mit drei Weber-Doppelvergasern waren die nur 850 Kilogramm wiegenden 200-PS-Toyota 250 km/h schnell. Ferrari vermeldete für seinen V12-Boliden 330 GT nur 245 km/h und der Aston Martin DB6 war gar nur mit 240 km/h genannt. Weiter ging es für Toyota deshalb mit Rekordfahrten: Am 1. Oktober 1966 erzielte der 2000 GT auf der Hochgeschwindigkeitsteststrecke von Yatabe bei Tokio 3 Welt- und 13 Klassenrekorde. Ein spektakulärer Coup, der sogar die texanische Motorsport-Legende Caroll Shelby begeisterte. Für die Saison 1968 bereitete Shelby deshalb drei Toyota 2000 GT vor, die in der Klasse C für Produktionswagen gegen Porsche & Co. antraten.

Die amerikanische Fachpresse feierte das elitäre Sportcoupé der japanischen Massenmarke damals bereits als „eines der aufregendsten Fahrzeuge aller Zeiten“, das es leicht mit dem Porsche 911 aufnehmen konnte. Dafür verlangte Toyota aber auch Preise, die mit 6.800 Dollar deutlich oberhalb eines Porsche lagen und sogar den Wankel-Sportwagen-Pionier Mazda Cosmo zum Billigheimer degradierten. Nur 65 Toyota 2000 GT fanden deshalb den Weg in die USA. Auch in seinem Heimatland war der 2000 GT mit 2,38 Millionen Yen das weitaus teuerste Auto seiner Ära, was die Verkaufszahlen weiter limitierte.

Genug Faszination, um Aston Martin abzulösen, als es um die automobile Besetzung des fünften James-Bond-Kino-Epos ging. Dafür transformierte Toyota zwei GT zu Roadstern, die dank des steifen Kastenrahmens ohne weitere Verstärkungen auskamen. Drei Fahrszenen von insgesamt sechs Minuten genügten im Film, um den Toyota 2000 GT weltberühmt zu machen und in der Folge als eines der begehrtesten Spielzeugmodellautos Geschichte schreiben zu lassen. Dabei griff 007-Darsteller Sean Connery nicht einmal selbst ins Lenkrad, sondern überließ das Fahren seinem japanischen Bond-Girl Akiko Wakabayashi, das mangels Führerscheins außerhalb des Filmstudios obendrein gedoubelt werden musste.

Passend zum offiziellen Serienstart anlässlich der Tokyo Motor Show 1967 war es dann das britische Top-Model Twiggy, das den schnellsten Toyota einmal mehr in die Medien brachte und mit blondem Bubikopf einen goldfarbenen GT präsentierte. Das Showcar war Teil ihres Honorars und fand als erster 2000 GT den Weg nach Europa. Dort traf es zeitgleich ein zum Start einer einzigartigen Toyota-Toy-Story: In Kooperation mit dem englischen Modellspezialisten Corgy Toys brachte es der 2000 GT zu millionenfacher Verbreitung in Vitrinen und Kinderhänden. Als erstes japanisches Traumauto, das in der Verkleinerung auf 1:43 vorübergehend verbreiterter war als jeder Ferrari, wozu rund ein Dutzend weiterer Modellautohersteller beitrug.

Nur 22 Links-Lenker und drei Rechts-Lenker Toyota 2000 GT fanden dagegen im 1:1-Format europäische Liebhaber, allerdings war der japanische Autobauer bis zum Auslauf des Gran Turismos im Jahr 1970 auch nur in wenigen Ländern der Alten Welt präsent. Ihre Mission hatten die meist solarrot lackierten Sportler trotzdem erfüllt: Toyota war zum Thema geworden.

Text: Spot Press Services/Wolfram Nickel
Fotos: Toyota/SP-X

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