Buchtipp – Fritz J. Raddatz: Tagebücher 1982-2001

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Geliebt werden wollte er zweifellos, sagte er schon mal seinen Interviewpartnern. Was Fritz J. Raddatz sagte und schrieb, ließ bei manchen Zeitgenossen oft den gegenteiligen Eindruck entstehen. Vielleicht hat er das mit dem Geliebtwerden auch nur unvollständig gesagt oder wurde unvollständig zitiert. Er hätte ergänzen können: Nicht um jeden Preis.

Das hatte der Literaturkritiker, Autor und langjährige Feuilletonchef auch nicht nötig. Fritz J. Raddatz, der jetzt 83-jährig gestorben ist, konnte, auch finanziell, mit seiner Unangepasstheit gut leben. Manche Zeitgenossen, die sich eines großen Publikums an Bewunderern sicher sein konnten, demaskierte er aus seiner Sicht schonungslos, und er blieb keine Begründung schuldig. Die eigene Erziehung, die Raddatz' Vater ausschließlich als körperliche Züchtigung praktizierte, war ihm lebenslang eine Mahnung, nicht selbst so zu werden. Wie auch sonst, formuliert er in seinen Tagebüchern messerscharf, was er beobachtet, wie er denkt. Das Bekenntnis zum aufwändigen Lebensstil und eine gute Portion Selbstkritik gehören dazu.

Es braucht Zeit, diese Tagebücher zu lesen. Zeit, die gut investiert ist. Denn man bekommt Einblicke in rund 20 Jahre deutscher Gesellschaftsgeschichte, die so konkret (und so polarisierend) sicher in keinem Sachbuch zum Thema zu finden sein werden.

Fritz J. Raddatz: Tagebücher 1982 bis 2001. Rowohlt Taschenbuch Verlag (rororo); 14,99 Euro.

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