Heidi Hetzer: China – endlich!

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Es war wirklich nicht abzusehen, dass sie so lange Zeit in Alma Ata (heißt heute „Almaty“) verbringen musste. Und alles nur deshalb, weil sie Sibirien und die Mongolei umgehen wollte. Aber so ist es nun einmal und so hat sie es gewollt: Schwierigkeiten sind dazu da, bewältigt zu werden.

Selbst der letzte Tag in Alma Ata hätte abenteuerlicher nicht sein können: Endlich hatte Heidi das Visum für China in Händen. Sie war auf der Passhöhe des Torugart mit ihrem chinesischen Guide Mr. Wang verabredet. Alles schien easy. Aber dann kam die Anfahrt zur Passhöhe. Es ging stetig aufwärts. Hm, Hudo wurde langsamer und langsamer – und blieb schließlich ganz stehen. Heidi hat sich dann 220 Kilometer weit abschleppen lassen bis zur chinesischen Grenze. Sie hatte es ja warm im Lkw, aber Hudo hat ganz schön frieren müssen. Oben auf der Passhöhe kam dann das, was kommen musste: Die Grenze war schon geschlossen. Nix zu machen. Sie kamen nicht mehr rüber. Heidi Hetzer hatte Hudo in der Zoll-Sicherheitszone stehenlassen müssen und ist zu Fuß weitergelaufen, bis sie an eine Bauarbeiterhütte kam und dort übernachtete. Da Hudo schon auf halber Höhe des Passes keine Anstalten mehr machte anzuspringen, baute sie kurzerhand die Batterie aus und nahm sie unter den Arm. Sowas muss man sich mal vorstellen: Kilometermarsch mit DEM Marschgepäck!

Wussten Sie übrigens, dass der Torugart 3.752 Meter hoch ist? Wenn Sie bei Günter Jauch auf dem „Wer-wird-Millionär“-Stuhl sitzen würden und die Frage lautete: Was ist Torugart, Tielong, Satsum La, Khitai? A) bayerische Städte in bayerischer Schreibweise, B) Speisen auf einer chinesischen Menükarte, C) Tage aus dem Chinesischen Mondkalender oder D) Chinesische Passstraßen? Da würde Ihnen selbst der Publikumsjoker wenig nützen: Es ist D)

Für Heidi war es an diesem 11. November 2014 das Tor zur Welt: China. Jetzt war sie drüben. Fast. Sie war sehr früh aufgestanden – den ganzen Weg wieder zurück mit der ausgebauten Batterie unter dem Arm. Aber sie hatte Hudo wieder zum Laufen gebracht. Okay, ein Kleinlaster hatte Hudo mehrmals im Kreis herumgefahren, bevor er von selbst wieder ansprang. Jetzt nix wie weg zum vereinbarten Treffpunkt mit ihrem China-Guide. Heidi war pünktlich (überall auf der Welt sagt man den Deutschen sowieso nach, dass sie besonders pünktlich seien). Wer nicht dort war, war Mr. Wang. Der kam fünf (!) Stunden später.

Was sind schon fünf Stunden, wenn man zwei Jahre um die Welt fahren möchte? Auch das hat Heidi gutgelaunt überstanden. Während der Wartezeit auf Mr. Wang hat sie sich mal um ihre „Hausaufgaben“ gekümmert – und festgestellt, dass China doch noch nicht das Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist: Das Internet ist noch in den Kinderschuhen und funktionierte kaum, Instagram (notwendig für die Übermittlung von Fotos) gar nicht. Aber auch sowas bringt Heidi nicht aus ihrer Ruhe und Gelassenheit.

Als Mr. Wang dann ankam, begrüßten sie sich wie alte Freunde. Mr. Wang ist ein freundlicher Herr von 62 Jahren, er begleitet seit ewigen Zeiten Touristen durch dieses riesige Reich der Mitte. Er hat sehr viel Erfahrung, ganz viele Beziehungen und eine gehörige Portion Gottvertrauen, denn manches Mal, wenn Heidi verstohlen nach rechts auf den Beifahrersitz schaute – machte Mr. Wang ein Nickerchen.

China ist übersät mit Autobahnen, die aber ziemlich langweilig zu fahren sind. Die einzige Abwechslung geschieht durch die häufigen Kontrollen. Dann ist Mr. Wang wieder hellwach. Er muss ein bisschen flunkern, wenn er nach dem Alter der Dame am Steuer gefragt wird. „Noch keine 70,“ sagt er dann. Diese Antwort gehört zu seinem alltäglichen Wissensgebiet: Mit 70 bekommt man in China nämlich keinen Führerschein mehr.

Die beiden fahren ziemlich lange an der Chinesischen Mauer entlang, nein, nicht in der ganzen Länge. Das wären ja über 21.000 Kilometer. Auch die Wüste Gobi begleitet sie eine ganze Weile auf der rechten Seite.

Gestern noch hat sie Mr. Wang ganz schön ins Schwitzen gebracht: Er machte mal wieder ein Nickerchen, und Heidi war klammheimlich von der langweiligen Autobahn runter- und auf Seitenstraßen weitergefahren. Inzwischen hatte es ziemlich stark geregnet, und hier auf den Nebenstraßen sah es so aus, als wäre die Welt zu Ende. Nun denn, Mr. Wang wurde rechtzeitig durch die Ruckelei wieder wach und führte sie zurück auf die Autobahn. Heidi ist zwar nicht geizig, aber diese ewige Maut-Zahlerei auf den Autobahnen gehen ihr doch ziemlich auf den Geist. Überhaupt sind die Chinesen allesamt sehr geschäftstüchtig. Nix machen sie umsonst, wie noch in Kasachstan zum Beispiel. Die Handgriffe sitzen schon gekonnt, aber eben nur gegen Bares, in China sind es Yen.

Sie ist ja schon lange aus den Euroländern raus. Die bisherigen Währungen waren vorwiegend US-Dollar. Jetzt sind es Yen. Sie wird die Devisen in ihrem Portemonnaie wohl noch mehrmals im Verlauf ihrer Weltreise umtauschen müssen. Heidis Weg führt sie nach Süden durch die chinesische Republik. Sie will von China aus weiter nach Laos und dann mit dem Schiff nach Australien.

Jetzt ist sie erst einmal in der 3.100 Jahre alten Stadt Xiang angelangt, die früher mal die Hauptstadt Chinas war. Bis zum 8.12.2014 muss sie dieses aufstrebende Industrieland aber wieder verlassen haben. Ihr Visum ist nur so lange gültig. Und da kennen die Chinesen kein Pardon.

Text: Jutta Sein
Fotos: Heidi Hetzer

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